Liebenschaften

Sein Wort hat Gewicht. Seine Gedanken auch. Gemeint ist David Hauptmann, der seit
2012 mit Nobilis Estate auf dem Immobilienmarkt ist. Er beteiligt sich aber nicht am Marktplatz kursierender Eitelkeiten. Er und seine Geschäftspartnerin Daniela Doychinova haben in ihrem Portfolio sehr auserlesene Wohnobjekte, die sie behutsam begleiten und vermarkten. Die in der Werbung überstrapazierten Superlative findet man in ihrem Vokabular nicht. Viel eher spürt man die Hingabe zum Objekt und seinen Besitzern. Wahrlich keine Selbstverständlichkeit in unserem Zeitalter, wo so vieles mcdonaldisiert ist und Fastfood-Beziehungen zur Normalität des Alltags gehören. Die Art, wie beide auf dem stark umworbenen Markt von Immobilien auftreten, ist nicht vergleichbar mit landläufigen Gesetzmässigkeiten, die in der Landschaft der Makler nicht selten wie ein schlecht gelaunter April-Landregen daherkommen. Im Gegenteil. Beherzt verlassen sie immer wieder das wohltemperierte Revier und treten ein in eine «terra incognita»; ohne genau wissen zu wollen, welche Geschichten ihnen dabei begegnen oder sie schreiben werden. Das Prinzip Lust wird bereits auf der ersten Umschlagseite ihrer Imagebroschüre fühlbar. In grossen, ausgestanzten Lettern kommt einem ein Wort entgegen, bei dem der schnelle Hingucker geneigt ist, einfach darüber hinwegzustolpern: «Liebenschaften». Der sachliche Begriff «Liegenschaften» bekommt urplötzlich eine andere Bedeutung. Er macht dann den kleinen feinen Unterschied aus. Das Wortspiel ist ein erstes, charmant platziertes Versprechen oder eben ein neckischer Einschub, mit Freude an unverbrauchten Ideen zu arbeiten. Schmökert man im Inhalt der Broschüre, findet man ein Zitat von David Hauptmann, das wahrlich als Credo für die Unternehmensidee stehen könnte: «Wir sind ein eingespieltes, interdisziplinäres Team mit grosser Berufserfahrung, begleitet von einem fundierten Fachwissen. Und noch wichtiger: Wir sind kein bisschen müde, die Welt immer wieder ein wenig neu zu erfinden, genussvoll.» 

Nobilis belässt es nicht nur beim Wissen. Das Unternehmen geht den berühmten einen Schritt weiter: in einer poetisch anmutenden Manier. Um es in Gedanken von Pascal Mercier zu fassen, die er in einer Passage seines neuen Romans Das Gewicht der Worte so zitiert: «Die poetische Gegenwart wird wie herausgehoben aus dem Fluss der drängenden Abfolge des zeitlichen Geschehens. Poesie erlaubt einem, ganz bei einer Sache zu sein. Etwas Poetisches, ein Satz, ein Bild, ein Klang: Es fesselt einen wie nichts sonst. Man möchte, dass es nicht aufhört oder verschwindet, man möchte immer mehr davon … Etwas Poetisches, auch wenn es nur etwas Kleines ist, ein winziges Detail, gibt dem Leben im Moment der Betrachtung eine Tiefe, die es sonst nicht hat.» 

Beim Wort und seinem Gewicht schliesst sich nun der Kreis erster Wahrnehmung zum Wesen von Nobilis. Vor diesem Hintergrund haben wir David Hauptmann und Daniela Doychinova zu einem Gespräch getroffen. Das Wort gehört ihnen. 

Was treibt Sie an, mit Ihrem Team der Faszination des Unzeitgemässen zu folgen? 
 
David Hauptmann: Wir machen gerne eine kleine Kunst daraus, verborgene Akkorde zu finden und der Spur der inneren Geschichte eines Wohnobjektes zu folgen. Das Knitterfreie interessiert uns nicht. Die quälend erzählte, herausgeputzte Oberfläche des Kleinkarierten lassen wir gerne aussen vor. Wohlgemerkt, wir wollen dabei nicht als Vorsteher des guten Geschmacks verstanden werden. 

Worin liegt die Erfolgsgeschichte von Nobilis begründet?
 
David Hauptmann: Der Preis des Erfolges ist Passion, harte Arbeit und unablässiger Einsatz für das, was man erreichen will … Oh, knapp am Superlativ vorbeigeschrammt (lacht). Es gäbe da noch einige Kalenderphilosophien, die man hier gut einschieben könnte und die ich, ohne falsche Bescheidenheit gesagt, für mich und meinen Arbeitsstil annektiert habe: «Empathisch zu sein bedeutet, die Welt durch die Augen der anderen zu sehen und nicht unsere Welt in ihren Augen.»

Daniela Doychinova: Wenn wir das ganze Pathos weglassen, meinen wir doch, die Erklärung für unseren Erfolg im Immobilienbusiness liege darin, den Standpunkt des anderen zu verstehen.

Toll. Ein klares, einfaches Statement. Sitzt!
Szenenwechsel. Wenn man sich die Zeit nimmt, sich in Ihrem Büro umzuschauen, wird einem durch die sensibel ausgesuchten Kunstobjekte sehr schnell klar: Es gibt Augenblicke, in denen eine Rose wichtiger ist als ein Stück Brot. Hier hat die Ästhetik einen Logenplatz eingenommen.

Daniela Doychinova: Gut hingeschaut. Ein Haus oder eine Wohnung zu verkaufen bedeutet doch mehr als die Architektur, die Rauminszenierung, die Sicht oder die Umgebung zu glorifizieren. Wenn es uns aber gelingt, die Seele des Ortes, also den Genius Loci, über die Gedankenverknüpfung mit dem Duft einer Rose zu identifizieren, haben wir dem Käufer eine Tür zur unsichtbaren Einzigartigkeit des Objektes geöffnet. Klar, wenn ihn sonst nur wenige Attribute des Hauses überzeugen, verflüchtigt sich dieser Duft in seiner Wahrnehmung wieder.

Einer der ganz Grossen im Zürcher Immobilienbusiness hat einmal gesagt, wann für den
Kaufinteressierten die Zeit der Entscheidung zum Kauf gekommen ist. Nämlich dann, wenn er hinter acht von zehn gesuchten Objekteigenschaften ein Häkchen setzen kann.

David Hauptmann: Was ja per se nicht falsch ist. Aber schon ein bisschen plakativ dargestellt. Angenommen, das Objekt erfüllt viele der Begehrlichkeiten der Klientel, kommen unsere Werte zum Zug, die wir so nach und nach ins Spiel bringen. Und wenn wir schon beim Plakativen sind: Es geht bei uns immer um die drei grossen E. E wie Empathie. E wie Engagement. E wie Entwicklung. Mit Empathie meinen wir unser Gespür für die sensible Wechselbeziehung von Mensch und Liegenschaft. Wir fühlen uns verantwortlich und verbunden. Wir können uns in ganz unterschiedliche Lebensmodelle hineinversetzen und begegnen den Menschen mit Takt und Wertschätzung. Unter dem Leitwort «Engagement» verstehen wir unsere Leidenschaft für alles, was wir für unsere Kunden unternehmen, um ihr Vertrauen zu haben. 

Daniela Doychinova: Wir hören zu. Wir fragen nach. Wir überraschen, indem wir versuchen, bewährte Erscheinungsformen zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Wir machen aus unserer Beratung eine Herzensangelegenheit, verbunden mit einer feinen Portion Erfindergeist, um das Unmachbare machbar zu machen. Dabei sind wir immer auf der Suche nach dem gewissen Etwas, das den kleinen Unterschied auch wirklich ausmacht. 

Wenn man so sensibel und kraftvoll kreativ unterwegs ist, begegnet man wohl immer wieder wohlwollenden Feedbacks als Lohn für ein Engagement, das weit über den Immobilienhorizont hinausragt. Kommt Ihnen, ganz spontan, gerade eines in den Sinn, auf das Sie besonders stolz sind?

David Hauptmann: Oh, ja. Voilà, eine kleine Hommage an unsere Arbeit, und das von Peter Stamm, dem Schweizer Literaten: «Nobilis Estate hat uns als Käufer und Verkäufer begleitet, sehr effizient und professionell, aber vor allem mit hoher Empathie. David Hauptmann hat ganz schön was auf dem Kasten, ist einfühlsam und herzlich – ein Immobilien-Delphin, der gegen den Strom schwimmt.»

(Anmerkung der Redaktion: Stamm schreibt nach eigenen Worten «über Menschen und über Beziehungen zwischen Menschen». Marcel Reich-Ranicki, wohl der einflussreichste deutschsprachige Literaturkritiker seiner Zeit, erklärte im Jahr 1999 anlässlich einer Buchbesprechung im Literarischen Quartett Peter Stamms Erzählsammlungen «Blitzeis» zu einem der schönsten und wichtigsten Bücher der Saison.)

In vielem, was Sie artikulieren, fällt mir Ihre wohltuende Zurückhaltung und Demut auf. Sie handeln alles andere als nach dem Prinzip, möglichst fugenlos in den Selbsterfüllungsapparat zu passen. Da ist weder Scheinhaftigkeit noch Überheblichkeit zu spüren. Es stellt sich darum schon die Frage, welche Lebensschule Sie am meisten geprägt hat.

David Hauptmann: Das ist sicher mein Elternhaus, in dem alles mit viel Stil würdevoll vorgelebt wurde. Aber ganz sicher hat mir die Rudolf-Steiner-Schule den Weg ins Leben mit guten Eigenschaften vorgepflastert. Da habe ich gelernt, mir in unnützen alltäglichen Kleinkriegen keine blauen Flecken zu holen. In dieser anthroposophischen Schule hat man täglich eine gute Chance, die eigene Erdenschwere hinter sich zu lassen. Und sie bringt die Gefühle der Schüler zum Tanzen.

Daniela Doychinova, wie würden Sie Nobilis in einem lyrisch anmutenden Gedanken verpacken?

Daniela Doychinova: Nun. Wir versuchen in allem, was wir tun, authentisch zu sein. Uns zu sein. Wir wollen keine Kopie von irgendeinem Idol sein. Wir sind weder ein Zweitschopenhauer, Zweitgoethe noch ein Zweitpicasso. Wir sind Nobilis. Oder anders formuliert: Der Name ist kein Produkt des Zufalls; er steht für unsere Philosophie, die einfachen und edlen Seiten des Lebens fürsorglich in den Arm zu nehmen. 

Nach einigen sehr persönlichen Begegnungen mit Daniela Doychinova und David Hauptmann waren wir uns in der Redaktion einig, ein Porträt zu realisieren, das zeigt, wie die beiden denken und fühlen. Und weil das Leben doch geschmackvoller sein kann als die faden publizistischen Fertiggerichte, die einem allerorts aufgetischt werden, haben wir sie in einem von ihnen zu verkaufenden Objekt fotografiert. Es war unsere Absicht, durch diese Bilder zu veranschaulichen, wie es aussieht, wenn Daniela Doychinova und David Hauptmann auf der Suche sind, die Seele des Hauses zu entdecken. So wie ein inspirierter Maler auf der Suche nach dem Wetterleuchten seines Pinsels: lustvoll und endlos neugierig.
 
Die Bilder wurden in der Villa Waldheim am Zürichberg gemacht.

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