Lucy – der Sternenhimmel

Sobald Ende November die Lichter von Lucy, das ist der Name der Weihnachtsbeleuchtung, über der Bahnhofstrasse angehen, beginnt bei den Menschen, die hier flanieren, ein poetischer Verzauberungsprozess. Alles wird weicher: Ihre Gedanken. Ihre Stimmen. Ihre Worte. Ihre Schritte. Ihr Lächeln. Ihre Blicke.
Dass diese Verwunderung über die Magie des Lichts wiederkehren kann, verdanken wir den Mitgliedern der Vereinigung Zürcher Bahnhofstrasse. Nur durch ihr Engagement werden wir Jahr für Jahr von diesem Licht berührt. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Lucy wird als solidarisches Gemeinschaftsprojekt realisiert. Auch das passt zu Weihnachten. Der Sternenhimmel über der Bahnhofstrasse ist Wahrzeichen für Zürich. Als Zeichen grosser Dankbarkeit für dieses Glitzern und Funkel widmet die Vereinigung seinen Mitgliedern eine kleine Weihnachtsgeschichte. Wir wünschen Ihnen eine beschauliche Weihnachtszeit. Eine mit viel Licht.

Sternenball

Mondenglanz und Sterngewimmel,
heut’ ist Sternenball im Himmel.

Jeder hat sich fein gemacht,
will recht leuchten in der Nacht.

Fröhlichkeit schallt durch die Bahnen,
hier auf Erden nur zu ahnen.

Doch im Traume wunderfein
kann ich bei den Sternlein sein.

Leo klappt das Buch zu. Viele Male hat es die Mutter schon vorgelesen und immer wieder haben seine Finger über die Bilder gestrichen. Über die lustigen Sternlein mit ihren Mäntelchen, mit ihren glitzernden Zacken am Kragen und dem Jauchzen, das auf ihren Gesichtern steht. Ob ich auch einmal mit den Sternen dort oben spielen kann? fragt Leo. Die Mutter lächelt. Wenn du fest daran glaubst, dann sicherlich. Gute Nacht nun und träume etwas Schönes!
Doch Leo kann nicht einschlafen. Ganz hell scheint der Mond in sein Zimmer. Und ist da nicht ein Rufen und Musik? Leo geht zum Fenster, öffnet es weit. Da sieht er die Sterne einer nach dem anderen vom Himmel steigen und in einem langen Zug an seinem Fenster vorbeischwirren. Hui – ist das ein Glitzern und Raunen! Komm mit, ruft einer, als er Leo sieht und fasst ihn bei der Hand. Hoch hinaus geht es, über die Häuser, rund um die Kirchtürme bis mitten in die Stadt. Heute ist unser alljährlicher Ball, sagt das Sternlein. Und wir freuen uns, wenn einige Menschenkinder dann bei uns sind und mit uns
herumtollen. Auf einer langen Strasse zwischen alten, schönen Häusern sieht Leo noch andere Kinder, jedes an der Hand eines Sternes. Das ist eine Freude, wie sie miteinander spielen, einander haschen und necken, bis sie müde werden von all dem Glanz und Klingen, dem Singen und Springen. Behutsam geleitet der Stern Leo wieder nach Hause. Bis zum nächsten Jahr, flüstert er, bevor Leo die Augen zufallen. Mama, Mama, ruft Leo am Morgen beim Aufwachen. Ich habe mit den Sternen heute Nacht gespielt und getanzt, hier mitten in der Stadt auf einer grossen Strasse! Oh, das klingt nach einem schönen Traum, freut sich die Mutter. Und ich weiss auch schon, wo wir heute Nachmittag hingehen.
Als es zu dämmern beginnt, nimmt die Mutter Leo mit in die Stadt. Hand in Hand gehen sie über den festlich geschmückten Boulevard. Musik tönt ringsum, es duftet köstlich. Doch über ihnen wölbt sich der Sternenhimmel zum Greifen nah, glitzernd, wogend. Leo bleibt stehen, staunt und lacht. Das ist ja wie in meinem Traum! ruft er. Und strahlt mit den Sternen um die Wette.

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